Ausbeutung

Ausbeutung

Ausbeutung ist so alt wie es reiche und arme Menschen, wie es starke und schwache Menschen gibt. Es gibt sie auf der ganzen Welt. Sklaven findet man überall, nicht zuletzt auch in Thailand. Reiche kaufen sich im Isaan Mädchen, die im Haushalt helfen sollen – angeblich für ein gutes Gehalt – aber in Wirklichkeit werden sie häufig als Sklaven gehalten und bekommen oftmals kein Geld für ihre Arbeit.

Das sind leider keine Einzelfälle. Auf den Fischerbooten werden ebenfalls Arbeitssklaven, vorwiegend aus Nachbarländern, beschäftigt, illegal einerseits, rechtlos andererseits. Bei Widerstand oder Arbeitsverweigerung müssen sie damit rechnen, einfach über Bord geworfen zu werden. Die Behörden der Europäischen Union sind darüber bestens informiert und haben angekündigt, keine Meeresfrüchte aus Thailand mehr zu importieren, wenn dieser Missbrauch nicht umgehend abgestellt wird. Daneben gibt es hierzulande sogenannte Arbeitsagenturen, die Arbeitskräfte unter obskuren Versprechungen ins Ausland vermitteln: Frauen nach Japan, die dort angeblich gute Jobs und gute Bezahlung finden sollen. Leider enden viele dieser Frauen in der Zwangsprostitution. Männer werden vorwiegend in den Nahen Osten vermittelt, wo sie ihren Pass abgeben und jahrelang für die Reisekosten und die Vermittler unter menschenunwürdigen Bedingungen schuften müssen. Wenn sie versuchen, nach Thailand zurückzukehren, bekommen sie Schwierigkeiten, denn ohne Pass kann nicht einmal die Botschaft etwas für sie tun.

Selbst hier in Thailand, wo es einen gesetzlichen Mindestlohn gibt, ist Ausbeutung an der Tagesordnung. Wer einen Job gefunden hat, aber weniger als 300 Baht am Tag verdient, wagt es in den meisten Fällen nicht, dagegen zu protestieren, weil er befürchtet, den Arbeitsplatz zu verlieren. Es gibt genug Anwärter, die auch für ein geringeres Entgelt zu arbeiten bereit sind.

Touristen, die nach Thailand kommen, müssen dagegen schon etwas tiefer in die Tasche greifen, wenn sie ihrer Lust frönen wollen. Eine Stunde oder eine Nacht schlagen dann schon mal mit 1.000 oder bis zu 4.000 Baht zu Buche. Diese Farangs zahlen und beuten ihre Sexualobjekte gleichzeitig aus, während diese sich nur allzu bereitwillig ausbeuten lassen. Und das nicht unbedingt nur aus Not oder Armut sondern oft, um einen höheren Lebensstandard zu erreichen, der in der Anschaffung teurer technischer Geräte besteht, von denen viele Rentner in Thailand nur zu träumen wagen.

Es war der Papst, der kürzlich sagte: „Der Mensch selbst wird sogar als Konsumgut angesehen, das man benutzen und dann wegwerfen kann“. Man muss wahrlich kein Anhänger des Papstes sein, um ihm bedingungslos zuzustimmen.

Ausbeutung findet auf den unterschiedlichsten Ebenen statt. Wenn wir nur die Umweltzerstörung und den damit verbundenen weltweiten Klimawandel beobachten, dann wird deutlich, dass die Ausbeutung der Natur ein von Menschen verursachter Klimakiller ist.

Ausbeutung und Wucher sind Geschwister. Seit Europa von Flüchtlingen heimgesucht wird, vermieten bestimmte Leute ihre Keller, Garagen und Abstellkammern für horrende Mieten an Asylanten. Zehn Matratzen in einem Raum sind keine Seltenheit, und jeder zahlt 100 Euro oder mehr. Das lohnt sich. Oft zahlt sogar der Staat dafür, mietet Hotels an, weil er nicht mehr weiß, wohin mit all den Wohnungssuchenden. Dass sich einheimische Sozialempfänger inzwischen auch ausgebeutet fühlen, kann nicht ausbleiben. Fast verständlich wenn ihre Wut sich gegen diese neuen Einwanderer richtet, die sie für ihr eigenes Elend verantwortlich machen. Zu Unrecht zwar, aber nachvollziehbar.

Ich würde diese Kolumne so gerne optimistisch beenden, aber mir fällt leider nur ein Satz von Lichtenberg ein:

„Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird, wenn es anders wird; aber so viel kann ich sagen: es muss anders werden, wenn es gut werden soll.“

Überzeugen Sie sich von unserem Online-Abo:
Die Druckausgabe als voll farbiges PDF-Magazin weltweit herunterladen, alle Artikel vollständig lesen, im Archiv stöbern und tagesaktuelle Nachrichten per E-Mail erhalten.
Pflichtfelder

Es sind keine Kommentare zum Artikel vorhanden, bitte schreiben Sie doch den ersten Kommentar.