Air Berlin droht Rekordverlust

Teure Sanierung belastet

BERLIN: Deutschlands Nummer zwei am Himmel überrascht mit einem enttäuschenden Sommerquartal und erwartet tiefrote Zahlen für das Gesamtjahr 2014. Die angeschlagene Airline muss noch mehr sparen.

Für Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft kommt es knüppeldick: Trotz forcierter Sanierung droht Air Berlin im laufenden Jahr der höchste Verlust der Unternehmensgeschichte. Nach einem herben Gewinneinbruch im Sommer und Kosten für das nächste Sparprogramm könnte der Nettoverlust auf mehr als 350 Millionen Euro steigen, räumte Finanzchef Ulf Hüttmeyer am Donnerstag ein. Am Geschäftsmodell will Vorstandschef Wolfgang Prock-Schauer nicht rütteln. Die neuen Einsparungen muss vor allem sein Nachfolger umsetzen. Der ehemalige Lufthansa-Vorstand Stefan Pichler übernimmt im Februar die Führung bei Air Berlin.

An der Börse wurden die Nachrichten mit Enttäuschung aufgenommen. Die Air-Berlin-Aktie verlor zeitweise mehr als 1,6 Prozent auf 1,21 Euro, nachdem das Unternehmen bereits am Vorabend von einem Gewinneinbruch im Sommer berichtet hatte.

Dass der Verlust 2014 noch größer ausfallen dürfte als im schon tiefroten Vorjahr, liegt an dem neuen Sanierungsprogramm. Abfindungen für 200 Mitarbeiter, die Vereinheitlichung der Flugzeugflotte und Verbesserungen im Vertrieb gehen zunächst ins Geld. Rund 100 Millionen Euro will Air Berlin dafür in diesem Jahr verbuchen. Schon im vergangenen Jahr hatte die Gesellschaft unterm Strich mit rund 316 Millionen Euro in den roten Zahlen gesteckt. Diese Summe dürfte diesmal nicht reichen.

Das neue Sanierungsprogramm ist eine Mischung aus Einsparungen, einem Umbau des Streckennetzes und der Hoffnung auf zusätzliche Umsätze. Bis zum Jahr 2016 sollen all diese Bausteine das Ergebnis des Konzerns um 400 Millionen verbessern. Die Hälfte davon will der Vorstand schon im kommenden Jahr erreichen.

Am Geschäftsmodell hält die Unternehmensspitze dabei trotzdem fest. «Alle unsere drei Segmente - Europaverkehr, Touristik und Langstrecke - sind werthaltig und können gewinnbringend betrieben werden», sagte Prock-Schauer. Maschinen und Besatzungen will er an weniger Flughäfen stationieren, Partnerfluglinien wie American Airlines, Alitalia und vor allem die arabische Großaktionärin Etihad sollen Air Berlin zusätzliche Fluggäste zuschieben. Eine einheitliche Mittelstreckenflotte aus Airbus-Maschinen und der Abschied von den Boeing-Jets sollen den Betrieb vereinfachen.

Schon im Zuge des bis Ende 2014 angelegten Sparprogramms «Turbine» war mit rund 850 Stellen rund jeder zehnte Job im Konzern weggefallen. Bei dem neuen Sanierungsplan baut Prock-Schauer fast zur Hälfte auf zusätzliche Einnahmen: Sie sollen rund 40 Prozent zu der geplanten Ergebnissteigerung beitragen. «Ich glaube, dass die Umsätze erreichbar sind», sagte der Manager. So will die Airline im Ticketverkauf mehr Geld herausholen und außerdem die Vermarktung bei Reiseveranstaltern und Geschäftskunden verbessern.

In der Hauptreisezeit von Juli bis September war von steigenden Umsätzen allerdings nichts zu spüren. Die Ticketpreise gingen merklich nach unten. Obwohl die Airline mehr Flüge anbot und mehr Passagiere beförderte, sank der Umsatz um knapp drei Prozent auf 1,3 Milliarden Euro. Unter dem Strich stand mit knapp 50 Millionen Euro nur knapp halb so viel Gewinn wie ein Jahr zuvor. Die Nachfrage und die Ticketpreise seien zur Fußball-WM im Juli unerwartet zurückgegangen, beklagte das Management. Erst ab August sei es wieder besser gelaufen. «Der Oktober war ein guter Monat», sagte Finanzchef Hüttmeyer.

Air Berlin steckt seit Jahren finanziell in Turbulenzen. Neben einer Verkleinerung von Flotte und Flugangebot halten millionenschwere Finanzspritzen von Etihad aus Abu Dhabi die Gesellschaft in der Luft. Die staatliche arabische Fluglinie kauft sich damit ein Zubringernetz in Europa, das sie wegen staatlicher Luftverkehrsabkommen nicht mit eigenen Flugzeugen aufbauen könnte.

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