Affären-Wahlkampf in Frankreich

Foto: epa/Christophe Petit Tesson
Foto: epa/Christophe Petit Tesson

PARIS (dpa) - Der Konservative François Fillon ist mit einem Ermittlungsverfahren konfrontiert, die Rechtspopulistin Marine Le Pen wehrt sich in der Affäre um fiktive Arbeitsverträge im Europaparlament, und die Justiz interessiert sich für eine US-Reise des damaligen Wirtschaftsministers und heutigen Kandidaten Emmanuel Macron: Frankreich ist wenige Wochen vor der Präsidentenwahl vor allem mit Enthüllungen und Skandalen beschäftigt.

Unsicherheit und Irritation seien groß, meint die Tageszeitung «Le Monde». Viele Wähler seien noch unentschlossen. Nur zwei Drittel von ihnen seien überhaupt sicher, am 23. April zu ersten Wahlrunde zu gehen.

Dabei sollte dieses Mal alles ganz mustergültig und transparent ablaufen. Die bürgerliche Rechte kürte im vergangenen Jahr bei einer Vorwahl Ex-Premier Fillon als Spitzenkandidaten - der skandalumwitterte Ex-Staatschef Nicolas Sarkozy hatte das Nachsehen. Der einstige Saubermann Fillon büßte aber wegen der Affäre um den Parlamentsjob seiner Frau viele Sympathiepunkte ein und liegt in Umfragen inzwischen nur noch abgeschlagen auf Platz drei.

Die Sozialisten machten Benoît Hamon zum Frontmann. Der Ex-Minister mit einem stramm linken Programm schaffte es aber nicht, die gespaltene Partei zu einen und seinen Wahlkampf in Schwung zu bringen. Er liegt zur Zeit auf Platz vier.

Schwächen bei den Konservativen und den Sozialisten lassen viel Platz in der Mitte. Dort profiliert sich Polit-Jungstar Macron, der in der zurückliegenden Woche von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin empfangen wurde. Der als Unabhängiger antretende Macron liegt in Umfragen für die erste Wahlrunde knapp hinter der Rechtspopulistin Marine Le Pen, der über 25 Prozent der Stimmen zugetraut werden.

Der sozialiberale Shooting-Star Macron, der ganz klar für Europa eintritt, kann jedoch nach derzeitigen Szenarien Europafeindin Le Pen im entscheidenden Duell am 7. Mai schlagen. Die Justiz interessiert sich für einen Auftritt Macrons in Las Vegas 2016 wegen einer möglicherweise fehlenden Ausschreibung - der Ex-Minister steht dabei aber dem Vernehmen nach nicht im Mittelpunkt.

Le Pen sieht sich durch den Wahlsieg von Donald Trump in den USA und den angekündigten «Brexit» der Briten gestärkt - schließlich will sie Frankreich aus der Eurozone führen und den Neuen Franc als Währung einführen. Die französische Justiz prüft schon länger, ob aus EU-Mitteln bezahlte Mitarbeiter von Europaabgeordneten der Front National in Wahrheit für die Partei tätig waren. Le Pen verzeichnet wegen des Vorgehens aber bisher keinen Beliebtheitseinbruch.

Fünf Wochen vor der Abstimmung fehle ein klares Thema für den Wahlkampf, meint «Le Monde». Am Montagabend wollten die fünf wichtigsten Kandidaten im TV-Sender TF 1 erstmals zu einem Schlagabtausch zusammenkommen. Zu der Runde gehört auch der wortgewaltige Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon.

Die Tageszeitung «La Croix» erinnert daran, dass Skandale vor Wahlen in Frankreichs nichts Neues seien. So musste der damalige Weltwährungsfonds-Chef Dominique Strauss-Kahn sein Amt nach Vergewaltigungsvorwürfen aufgeben - und damit auch endgültig seine Hoffnung begraben, in seinem Heimatland 2012 zum Präsidentschaftskandidaten der Sozialisten aufzusteigen. Es setzte sich François Hollande durch, der nach einer glücklosen Amtszeit im Élyséepalast nicht wieder antritt.

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