AfD freut sich auf Oppositionsarbeit

Foto: epa/JENS SCHLUETER
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BERLIN (dpa) - Noch ist offen, ob die neue schwarz-rote Koalition wirklich kommt. Doch bei der AfD reiben sie sich schon die Hände. Denn der Fraktion fiele damit im Bundestag die Rolle der Oppositionsführerin zu. Wenn die ungeschriebenen Regeln des Bundestages nicht geändert werden, könnte sie dann zum Beispiel den Vorsitz im Haushaltsausschuss für sich beanspruchen.

Ein erneutes Zusammengehen der Volksparteien, im AfD-Jargon auch «Altparteien» genannt, könnte der Partei von Alexander Gauland und Jörg Meuthen vielleicht auch helfen, bei den nächsten Wahlen Bürger zu ködern, die sich nach vielen Jahren GroKo vor allem eines wünschen: Veränderung. Obgleich es der AfD ja laut Parteiprogramm in vielen Politikbereichen eher um das Bewahren geht. Und zum Teil sogar um eine Rückkehr in eine vermeintlich gute alte Zeit.

«Wir freuen uns darüber, die Rolle des Oppositionsführers auszufüllen», sagt der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Bernd Baumann. «Das ist in der Demokratie eine ganz entscheidende Position.» Die Koalition aus CDU, CSU und SPD habe in der vergangenen Legislaturperiode auch deshalb «entscheidende Dinge nicht vorangebracht», weil damals eine «richtige Opposition» gefehlt habe. Baumann sagt, die «monatelange Euphorie» über die Aufnahme von Hunderttausenden Flüchtlingen hätte es beispielsweise nicht gegeben, wäre die AfD 2015 schon im Bundestag gewesen.

Mit ihren Anträgen - etwa für eine Rückkehr syrischer Bürgerkriegsflüchtlinge in ihr Heimatland - läuft die AfD im Bundestag zwar regelmäßig gegen die Wand. Und für den von der AfD im Wahlkampf angekündigten Untersuchungsausschuss zur Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) fehlt bislang die Unterstützung einer anderen Fraktion. Der Thüringer AfD-Fraktionschef Björn Höcke schrieb diese Woche bei Twitter: «Es würde sehr verwundern, wenn Herr Lindner seine vollmundige Ankündigung aus der heißen Phase des Wahlkampfs wahr machen würde und mit uns einen Untersuchungsausschuss zur Flüchtlingskrise auf den Weg bringt. Wir werden ihn daran erinnern.»

Mit der AfD hat aber jetzt schon ein neuer Ton Einzug gehalten in den Bundestag. Dass der AfD-Abgeordnete Jan Nolte in seiner ersten Rede im Plenarsaal erklärte, die Bundeswehr werde durch das Mandat für die «Operation Sophia» vom Parlament «zum Helfer für Schlepper» im Mittelmeer gemacht, sorgte nicht nur bei den Parteien der geschäftsführenden Bundesregierung für Empörung. Als die AfD-Abgeordnete Nicole Höchst von einer «fatalen Gesamtsituation eines sich nicht reproduzierenden Deutschlands» spricht, geht ein Raunen durch die Reihen.

In den Anfragen und Anträgen der AfD liegt der Schwerpunkt auf dem Flüchtlingsthema. Diese Woche hat sie zwei Anträge auf die Tagesordnung gesetzt. Sie will die Abschaffung des Familiennachzugs für eingeschränkt Schutzberechtigte und eine flächendeckende Altersprüfung für alle Flüchtlinge, die als minderjährig gelten.

Was vielen Politikern anderer Fraktionen im parlamentarischen Alltag auf den Nerv geht, sind die vielen Zwischenrufe und die lautstarken Beifallsstürme für die eigenen Redner aus den Reihen der AfD. Dass die AfD ständig mit allen 92 Abgeordneten im Plenarsaal vertreten ist, erzeugt zudem einen gewissen Druck. Auch wenn die Tatsache, dass ein Abgeordneter nicht nonstop unter der Reichstagskuppel sitzt, keineswegs bedeutet, dass er derweil auf der faulen Haut liegt. Doch es sieht schon etwas merkwürdig aus, wenn der AfD-Block immer deutlich voller ist als die Sitzreihen der anderen Fraktionen.

Eine fraktionsintern vereinbarte Anwesenheitspflicht gibt es bei der AfD nach Aussage des nordrhein-westfälischen Abgeordneten Uwe Witt aber nicht. Er sagt: «Das machen die Abgeordneten freiwillig. Denn dafür sind wir ja gewählt worden.»

Freiwillig ist dagegen die Mitgliedschaft in der Fußballmannschaft des Bundestages. Dass die AfD auch hier dabei sein will, irritiert einige der dort bislang organisierten Hobbykicker. Der AfD-Abgeordnete Hansjörg Müller versteht das nicht: «Wir haben uns angemeldet, um im menschlichen Austausch Vorurteile abzubauen.»

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Leserkommentare

Vom 11. bis 21. April schließen wir über die Songkranfeiertage die Kommentarfunktion und wünschen allen Ihnen ein schönes Songkran-Festival.

Jürgen Franke 19.01.18 22:55
Wie so oft in der Vergangenheit
war der Plenarsaal des Bundestages nur mäßig gefüllt. Die AfD stellte daraufhin den Antrag die Beschlussfähigkeit des Parlamentes feststellen zu lassen. Nach erfolgten "Hammelsprung" wurde festgestellt, dass noch nicht einmal die Hälfte der Abgeordneten anwesend waren, so daß die Sitzung beendet werden mußte, Alle Beschlüsse dieses Tages waren somit für den Papierkorb.
Dracomir Pires 19.01.18 10:51
Fehler der Altparteien
Wenn die AfD jeweils vollzählig ihre Wähler vertritt, dann macht sie ihren Job besser als alle andern. Die Altparteien wurden schliesslich nicht dafür gewählt, durch Abwesenheit zu glänzen. Und die Zwischenrufe stammen meistens von den Altparteien, die der AfD auch mal demonstrativ den Rücken zuwenden. Wie undemokratisch.
Jürgen Franke 18.01.18 18:07
Die AfD-Abgeordneten haben bereits
in den gehaltenen Reden den Bundestag erfreulich aufgemischt. Das liegt sicherlich nicht nur daran, dass die Abgeordneten überwiegend einen akademischen Abschluß haben. Das Durchwinken von Gesetzen wird es nun nicht mehr geben. Die jetzt zusammengeschusterte Regierung benötigt eine substantielle Opposition. Leider ist der Anteil der Frauen in der AfD noch unterdurchschnittlich, aber das wird sich hoffentlich noch ändern.