Äusserlich gerade, innen krumm

Ein Mann hieß Ta. Er war von Beruf Hausierer. Sein Handel umfasste Messer aller Art, Hacken und Spaten. Diese Eisenwaren legte er in zwei Tragekörbe, hängte sie vorn und hinten an die Schulterstange und marschierte los. Nachts suchte er sich ein Obdach in den Tempeln auf dem Lande oder auf überdachten Ruheplätzen, wie sie die Bauern zu errichten pflegen für die wegmüden Wanderer.

Diesmal waren es Krummmesser, die er besorgt hatte, um sie weiterzuverkaufen. Aber es war nicht die Jahreszeit, in der man Hacksicheln für die Ernte benötigte. Daher gab es für seine Ware keine Käufer. Wohin er auch kam, Kunden für seine Messer fand er keine. Da wurde er kleinmütig. Er dachte nach. Was konnte er tun, um seine Messer doch noch an den Mann zu bringen?

Eines Morgens gab er seine Last einem Herbergskameraden in Verwahrung. Ta selbst begab sich mit einem Helfer zum Markt. Er sagte sich nämlich, dort werde er gewiss einen Stand finden, wo derartige Messer feilgehalten werden. Und richtig, er fand einen solchen Laden und wendete sich an den Händler:

"Diese Krummmesser hier, was kosten sie?”

Der Verkäufer antwortete:

"Sieben Baht das Stück.”

Ta fragte weiter:

"Wie viele davon hast du noch?”

Der Händler ging in seinen Schuppen und sah nach. Als er wiederkam, sagte er:

"Ich habe davon insgesamt zehn!”

Ta bezahlte den Preis für die zehn Messer. Im Weggehen bemerkte er zu dem Verkäufer:

"Ich brauche nämlich von diesen Sichelmessern zweihundert. Ich tausche sie bei den Bergbewohnern ein gegen Mohnsaft. Denn zur Zeit gibt es nirgends solche Messer, und die Mohnernte steht bevor, die Bergbewohner brauchen sie dringend. Darum meine Bitte: Wenn jemand kommt und dir derartige Hackmesser anbietet, greif zu und hebe sie für mich auf! In fünfzehn Tagen, wenn ich wieder vom Gebirge herabkomme, kaufe ich sie dir ab.”

So sprach er, lud seinem Helfer die zehn Messer auf die Schulter und schritt davon.

Zwei Tage später ließ Ta andere Helfer seinen gesamten Vorrat an Krummmessern zur Stadt schleppen. Der Messerhändler sah sie kommen und forderte sie auf, ihm ihren ganzen Stock zu verkaufen. Er fragte nach dem Preis und war sofort einverstanden, die geforderten sechs Baht zu zahlen. Er kaufte den gesamten Vorrat von fast zweihundert Stück, denn er rechnete sich aus, in wenigen Tagen werde der Mann, der sie bestellt hatte, wiederkommen und anstandslos pro Stück sieben Baht hinlegen. Ein schöner Gewinn von zweihundert Baht müsste das Ergebnis sein.

Von diesem Tage an wartete der Markthändler auf seinen Kunden. Tage, Wochen, Monate vergingen, aber der Mann, der die Hackmesser bestellt, hielt die Verabredung nicht ein, er kam nicht wieder. Schließlich ging dem Markthändler ein Licht auf, und er merkte, dass er betrogen worden war. Zähneknirschend musste er es sich eingestehen. Er dachte:

"Ich hätte vernünftig sein sollen, denn ein Großhändler bin ich nun mal nicht. Mein Kleinhandel hier am Markt wirft doch auch Gewinn ab! Natürlich lockt jeden von uns Kaufleuten ein mögliches größeres Geschäft. Aber Vorsicht! Wer sich wie ein Kunde gibt, mag in Wirklichkeit ein Betrüger sein, äußerlich gerade, innen krumm.”

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